Wir berichten, Sie entscheiden

Ein einfacher Fall von Folter, oder, wie es sich nachts schlafen lässt. Revisited.

I

1982 griff ich nach einer Ausgabe des führenden Nachrichtenmagazins Newsweek, auf dem Cover das sittsame Porträt einer durchschnittlich gut aussehenden Frau, sitzend, nur, ihre Brüste waren entblöst. Die Überschrift lautete: THE NEW REALISM. Ich überflog den ersten Artikel, ein ganzseitiges Gast Editorial, “The Case for Torture.” Ich war schockiert, so wie es intendiert war, der Artikel war eine Provokation. US Präsident Ronald Reagan heizte angriffslustig den Kalten Krieg an, zerschmetterte Jimmy Carter's Entspannungspolitik indem er Cruise Missiles in West-Europa stationierte... und irgendein Verrückter schaffte es auf die Titelseite des Newsweek Magazin und argumentiert, die Vereinigten Staaten sollten Folter als Teil ihrer Strategie miteinbeziehen? Offiziell war die Nation selbstverständlich auf der Seite von Gerechtigkeit und Menschenrechten. Folter seitens lateinamerikanischer Militärs und Todesschwadrone wurde Berichten zufolge unter den Augen und sogar der Anleitung der Vereinigten Staaten ausgeführt - all das fand in der Mainstream Presse nicht statt. Nachrichten über die weit verbreitete Folter und Gewalt an Gefangenen und Verdächtigen in Vietnam waren auf ähnliche Weise unter den Teppich gekehrt worden. Als Unterzeichnende der Genfer Konventionen bestanden die Vereinigten Staaten auf die Notwendigkeit einer menschenwürdigen Behandlung von Militärgefangenen - zumindest in der Öffentlichkeit. Der Newsweek Aufsatz war von einem gewissen Michael Levin geschrieben worden, einem unbekannten Philosophie Professor vom City College in New York. Seine Argumentation vermischte sentimentale Ängste um hypothetisch entführte Babies und dem ebenso hypothetischen Verlangen ihrer Eltern, die Täter zu foltern, mit der Angst vor arabischen Flugzeugentführern (ein sich wiederholendes Szenario in den 70ern), und der Angst vor irgendeinem Wahnsinnigen mit einer Atombombe mitten in Manhatten - eben dort, wo sich, selbstverständlich, das City College befindet. Die Antwort auf Levins unvermeidliche Frage: "Werden WIR nicht wie SIE?" war vorhersehbar. Levin argumentierte: ebenso wie es ehrbar gewesen wäre, 1944 Hitler umzubringen, so wäre Folter, auf vernünftige Weise angewandt, ein moralischer Imperativ, und weit davon entfernt, den Absturz in die Barbarei zu markieren. Könnten Sie nachts schlafen, wenn Ihr zimperlicher Skrupel zum Tod von sechs bis acht Millionen New Yorkern führen würde?

1982 war ein öffentliches Statement für Folter vollkommen anormal. Springen wir in die Gegenwart. Hier haben wir Charles Krauthammer, ein prominenter "neokonservativer" Autor und ausgebildeter Psychiater, der Ende 2005 schreibt: "Die Wahrheit über Folter: es ist an der Zeit, aufrichtig gegenüber der Frage zu sein, was es heißt, schreckliche Dinge zu tun." Er beginnt damit, verschiedene Feind-Typen zu kategorisieren und dringt dann zum Kern seines Themas vor: "Drittens gibt es den Terroristen, der Informationen hat. Hier wird das Thema Folter kompliziert und mit leichtgemachter Frömmigkeit kommt man nicht weiter. Nehmen wir den Fall wie er im Buche steht. Ethik, Kapitel 101: Ein Terrorist hat eine Atombombe in New York City gelegt. Sie wird in einer Stunde hochgehen. Millionen Menschen werden sterben. Sie fangen den Terroristen. Er weiß wo die Bombe liegt. Er spricht nicht. Frage: Wenn Sie auch nur die leiseste Hoffnung hätten, diesen Mann an seinen Daumen aufzuhängen würde Ihnen die gewünschte Information bringen, die Millionen von Menschen das Leben retten würde, wären Sie dann befugt es zu tun? Nun, in den meisten Fällen wenn es um Folter geht, gestehe ich Unsicherheit und Ungewissheit ein. Aber in diesem Fall kann es keine Ungewissheit geben: es ist nicht nur zulässig diese miese Kreatur an ihren Daumen aufzuhängen. Es ist eine moralische Pflicht."

Die Zeit seit 1982 lässt sich als das Aufkommen von Männern wie Krauthammer betrachten, die, in Gesellschaft vieler anderer, Willens sind, die Thesen von Carl Schmitt wieder aufleben zu lassen - ein rechtsphilosophischer und politischer Theoretiker aus Deutschland, auf den sich ein Parteimitglied der Nazis als den "Meister Juristen des Dritten Reichs" bezog. Dabei geht es vor allem um die Notwendigkeit der Geheimhaltung in der Staatsregierung und die Aufhebung der Rechtsstaatlichkeit in Kriegszeiten, um einen dringenden Tatbestand oder den "Ausnahmezustand" zu legitmieren. Diese rechtsgültige Politik in Kriegszeiten - wie auch immer diese definiert werden - wird nach den Bedürfnissen der Regierung geformt. In den Vereinigten Staaten wurden Schmitts Konzepte auf verhängnisvolle Weise mit denen des deutsch jüdischen, in die USA emigrierten Professor Leo Strauss kombiniert. In Strauss' autoritärer Staatstheorie, sind die Regierenden den Massen der Regierten weit überlegen, die in Unkenntnis über die meisten politischen Belange gelassen werden sollen. Ein populistischer "Mythos" soll eine versteckte elitäre Wahrheit verdecken: eine exoterische Nachricht versteckt eine esoterische, die wahre Bedeutung des Textes. Ein Straussianer würde argumentieren, dass es Machiavellis einziger Fehler war, es nicht geschafft zu haben, seine Verordnungen geheim zu halten. In den 60ern waren an der Universität von Chicago Strauss' Studenten als "Kabale" bekannt, mit dem Ruf "Wahrheits Kader" zu bilden und all jene zu schikanieren, die mit ihren Ideen nicht übereinstimmten. Eine beachtliche Anzahl von Strauss' Gefolgsmännern riss schließlich die Zügel innerhalb der republikanischen Partei der Vereinigten Staaten an sich. Mitglieder in und um die Regierung, Akademie und einflussreicher kleiner Politik Journale, waren unter anderem Paul Wolfowitz, Allan Bloom, William Kristol, Leon Kass, Francis Fukuyama, und Robert Kagan. Einige von ihnen sind Ex-trotzkistische Neo-Konservative und die meisten von ihnen legen ihren etatistischen Enthusiasmus für Kriegsführung und Empire an den Tag. Unter strikter Geheimhaltung sind die Vereinigten Staaten zum Business zurückgekehrt, ihre globale Hegemonie zu schützen, und dabei war ein unerlässlicher Schritt für die öffentliche Wahrnehmung, die Identifizierung eines neuen, quasi-mythischen Set an Übeltätern, um das gefallene Reich des Bösen (wie Reagan's Redenschreiber die Soviet Union 1982 nannte) zu ersetzen.

Die neuen Übeltäter sind die muslimisch Anderen, ein Feind, der in der Person krimineller Angreifer verschmilzt, wie jene, die die New Yorker Türme 2001 zum Einsturz brachten. Es ist entscheidend, die Motive und Taktiken muslimischer Militanter und ihrer Anhänger zu verstehen, die es darauf anlegen, Zivilisiten in den Vereinigten Staaten und in deren verbündeten Ländern zu massakrieren, um sie letztlich daran zu hindern. Aber es bleibt die Frage, wer wir und was unsere Werte und Praktiken sind. Die acht Jahre von Bush und Cheney sind weit in die Richtung gegangen, Elemente eines Polizeistaates und einen fantastischen Anstieg an Kriegs bezogenen Ausgaben zu institutionalisieren, wie es unter anderem Chalmers Johnson, die inzwischen zur Ruhe gesetzten Militär Offiziere am Center for Defense Information, und der Militär Historiker Andrew J. Bacevich herausgestellt haben. Bacevich nennt die zunehmende Militarisierung der US Aussenpolitk "Semiwar", ein Begriff, der durch James Forrestal geprägt wurde, dem ersten Nachkriegs-Verteidigungsminister. Bacevich führt den Niedergang der Macht der Bürger und des Kongress auf diese verdeckte Doktrin der Staatsführung zurück, wo der Präsident vielmehr als "Oberbefehlshaber" wahrgenommen wurde, denn als ziviler Staatschef, vielmehr als "einheitliche Staatsführung" denn als jemand im Amt einer Regierungsabteilung neben einer Triade an Gleichgestellten. Schließlich operiert die Regierung nach einer Regel der Geheimhaltung, die geschickt mit der Strauss'schen und neokonservativen Ideologie zusammen passt. Unter diesen Doktrins wurden die Vereinigten Staaten von vielen lang gehegten juristischen und ethischen Prinzipien entledigt, solche grundlegenden Elemente wie Habeas Corpus mit einbegriffen. Wenn die Frage lautet, werden WIR nicht wie SIE, unsere barbarischen Gegenspieler, so hängt die Antwort sicherlich davon ab, IHRE Charakteristika zu definieren. Aber dem Mythos dieses Standpunkts zufolge, sind sie die Mächte der Dunkelheit und wir die Mächte des Lichts; von daher, was auch immer wir tun, es wird für die gute Sache getan.... Wir können gar nicht böse Barbaren werden; wir können nicht werden wie SIE.

Doch während unsere Identität festgelegt ist, ihre ist es nicht. Wie also sollen wir SIE inmitten einer Horde Anderer identifizieren? Die Antwort ist simpel: Jede Gruppe oder jedes Individuum, wo auch immer, das ernsthaft Dissens zu unserer Politik zeigt, erweckt den Verdacht, dass diese Person, Gruppe, oder Nation ein aktiver Gegenspieler werden und zum Level eines Feindes aufsteigen könnte. Wir haben eine Liste von nationalen Kandidaten: Iran, Syrien, Nord Korea, sogar Pakistan, und den alt bekannten Feind Russland. Aber mögliche Feinde schließen heutzutage ebenso US Bürger mit ein. Jede ausgewiesene Schandtat wird gegenüber einer gutgläubigen Öffentilichkeit eine denkbar barbarische und unmenschliche Behandlung rechtfertigen, all das für die gute Sache. Ereignisse werden erfunden - wie der Tonkin-Zwischenfal während des Vietnamkrieg - oder als Teil einer Desinformationskampagne gestaltet - wie letzten Monat die iranischen Schnellboote in der Straße von Hormus, oder der Plot um den US amerikanischen Bürger Jose Padilla und der verschwundenen schmutzigen Bombe. Desinformation, oder systematisches Lügen seitens der Regierung, auch PSYOPS genannt oder Operative Information, wird gegenüber der heimischen Zuschauerschaft benutzt. Das Systematische an der Botschaft - was George Bush “Propaganda katalputieren” genannt hat - erschafft andere als SIE: Untermenschen, Fanatische, unermütlich Mordernde, bestialische Terroristen. Die manichäische Figur des Feindes begleitet uns seit langer Zeit.

Al Gore (indem er sich auf das 1927 erschienene Buch von Harold Lasswell "Propaganda Techniques in the World War" und das 1928 erschienene Werk von Edward Bernays, Pionier der Werbung und Public Relations bezieht) schrieb kürzlich: "das Potenzial, um Massenmeinungen und -gefühle zu manipulieren, ursprünglich von Werbeagenturen entdeckt, wird jetzt um so aggressiver von einer neuen Generation von Medien-Machiavellis ausgebeutet." Wer sind sie? Es genügt, einen zu nennen: Rupert Murdoch. Und es genügt, seine Kreationen auf der Sendegruppe Fox anzusehen, unter der Führung von Roger Ailes im Dienste der Republikanischen Partei. Fox ist angewiesen auf Murdochs lange Erfahrung, das Feld der Boulevard Presse in England und Australien abzugrasen, und dabei Klatsch, Skandal und Demogagie auszubeuten. Wie die meisten Outlets von Murdoch, "katapultiert" das Programm von Fox seine demagogische Botschaft, deren machiavellische Slogans lauten "Wir berichten, Sie entscheiden", und, mehr auf den Punkt, "Gerecht und Ausgewogen" lauten". (Man könnte ein Essay allein diesem speziellen Sloagan widmen, denn es ist selbstverständlich seine Spezialität, Diskurse zu gestalten. Lassen Sie mich einfach feststellen, dass Umfragen regelmäßig gezeigt haben, dass, umso mehr Leute Fox ansehen, desto weniger wissen sie über öffentliche Geschehnisse bescheid; das maßgebliche Täuschungsmanöver dabei ist, Saddam Hussein sei für die Ereignisse am 11. September verantwortlich gewesen.)

II

Ein wiederkehrendes lateinamerikanisches Szenario um Folter zu rechtfertigen, war die ortsgebundene politisch-sexualisierte Prämisse im Großstadtdschungel: "Nehmen wir an, ein kleines Mädchen wurde entführt" - welcher Polizeioffizier würde nicht besten Gewissens die halbe Stadt foltern, um es zu finden und zu ihren verzweifelten Eltern zurückzubringen? Unser derzeitiges Skript ist ein anderes. Wir foltern - besser gesagt, wir foltern nicht - die Story ist die: wir setzen unsere nicht-uniformierten, staatenlosen feindlichen Kämpfer jedem Druck aus bis kurz vor dem völligen Organversagen, gemäß den Standards, die durch die Anwälte des Weissen Hauses Alberto Gonzales, John Yoo und David Addington festgelegt wurden, um das Heimatland und die Republik vor "schlechten Nachrichten" zu beschützen, die bekanntermaßen "die Form eines Atompilz annehmen könnten", um damit das technologische Klischee der tickenden Zeitbombe aufzurufen. Oder wir schicken unsere gefangenen Übeltäter in andere Länder "wo sie wissen, was mit ihnen zu tun ist", wie es uns unser Präsident mit einem Augenzwinkern und Glucksen hat wissen lassen - zur "Dunklen Seite", in den Worten des Vize Präsidenten Dick Cheney von 2001, der hinzufügte: "es wird für uns unerlässlich, alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um unser Ziel zu erreichen."

In den 80ern, während der schmutzigen kleinen Stellvertreterkriege in Lateinamerika, verursachte die Aufdeckung des drakonischen CIA- Handbuchs für Vernehmungen öffentliche "Betretenheit" und staatliche Verleugnung. Unsere psychologischen Taktiken, um jemanden unter Druck zu setzen, resultieren angeblich aus der Beobachtung mit welcher Leichtigkeit US Truppen damals in Korea Informationen preisgaben oder überliefen (was die Geburt des Begriffs "Gehirnwäsche" war) ebenso wie die früheren öffentlichen Geständnisse des ungarischen Erzbischof Mindszenty während seines Schauprozesses 1949 wegen Verbrechen gegen den Staat. Techniken, dafür entwickelt Persönlichkeit zu brechen, waren Gegenstand geheimer Experimente, wobei wichtige Forschung von einem führenden Psychiater aus Kanada, der mit US Streitkräftern zusammenarbeitete, durchgeführt wurde. Die derzeitigen Protokolle für Verhörsituationen - bekannt als SERE (Survival, Evasion, Resistance, Escape-training, dt.: Überlebens-, Ausweich-, Widerstands- und Fluchttraining) - entstanden aus diesen Untersuchungen und sind von Psychologen entwickelt worden, die US-Streitkräfte trainieren, einem feindlichen Verhör standzuhalten. Um zu betonen: "Die gefürchteten Methoden, die den Barbaren zugeschrieben wurden haben eine Wende durchgemacht und wurden als unsere eigenen angenommen."

Was den gegenwärtigen Moment von 1982 unterscheidet ist die offensichtliche Bereitschaft der Öffentlichkeit systematische Grausamkeit anzunehmen, wenngleich unter anderem Namen, und auf die Notwendigkeit einer überraschend umfassenden Überwachung ihrer selbst zu beharren (charakteristisches Zeichen eines Polizeistaates). Diese Aktionen werden sowohl von der CIA als auch vom Militär durchgeführt, auch wenn der CIA nie zuvor so sehr in Verhaftung und Vernehmung involviert war, im Gegensatz zum Nachrichten sammeln (Spionage) einerseits und verdeckten Operationen (Tötungen, Sabotage) andererseits. Je länger diese einschneidenden Veränderungen akzeptiert werden ohne die Regierung zu Fall zu bringen (auf welcher Weise auch immer), um so mehr werden sie und ihr rhetorischer Rahmen normalisiert. Die "harschen" Taktiken die jetzt in regulärem Gebrauch sind, wenn auch nicht immer öffentlich bekannt, beeinhalten Schlagen, Schlafentzug, Waterboarding, gewaltsame Injektion von Flüssigkeiten in Körperöffnungen wie auch andere Verletzungen körperlicher Unversehrtheit, ausgedehntes Aussetzen in Kälte oder Hitze, Stresspositionen, Gefangenschaft in winzigen, dunklen Räumen (oder umgekehrt, in permanentem Licht), übersteuerte Beschallung mit ohrenbetäubender, unaufhörlicher Musik oder Sinnesentzug, parallel werden Belohnungssysteme erschaffen und Ängst manipuliert, mit dem Ziel, die Gefangenen emotional abhängig zu machen - so gut wie alles wofür die Nazis in der Allierten Presse von gesetzmäßigen Autoritäten der Nürnberger Prozesse verunglimpft worden sind getan zu haben, und in der Flut populärer Nachkriegsfilme.

Hier nochmal Charles Krauthammer, in seiner oben bereits zitierten Kolummne:

"Wir haben kürzlich gelernt, dass seit 9/11 die Vereinigten Staaten eine Reihe 'Schwarzer Stellen' in der Welt unterhält, geheime Internierungszentren wo vermutlich hochrangige Terroristen wie Khalid Sheikh Mohammed eingesperrt waren. Die Welt ist empört... (aber) ich fühle mich beruhigt. Es wäre für jede Regierung ein grobes Pflichtversäumnis, Khalid Sheikh Mohammed nicht isoliert zu halten, desorientiert, allein, verzweifelnd, kalt und schlaflos, an irgendeinem gottverlassen versteckten Ort, um herauszufinden, was er über die Pläne von zukünftigem Massenmord wusste. Was sollen wir denn tun? Ihm eine hübsche Zelle in einem warmen Gefängnis in Manhatten geben, ausgestattet mit Auskunftsverweigerungsrecht, einem glatten Rechtsanwalt, und seiner eigene Webseite?... Gehen wir davon aus (und hoffen), dass Khalid Sheikh Mohammed an einem dieser schwarzen Orte festgehalten wurde, sagen wir, einer Zelle irgendwo in Rumänien, vollkommen isoliert gehalten und einem dieser "Zwangsverhöre" ausgesetzt."

Im New Yorker von 2007 beschrieb die Reporterin Jane Mayer die Behandlung von Mohammed und führte darin einige Details an, die Krauthammer beschönigend erwähnte, und die, wie das Rote Kreuz in einem vertraulichen Report vermerkte, das internationale Recht verletzen. Aber Krauthammer, und zweifellos Millionen seiner amerikanischen Anhänger, verkündet, er fühle sich sicherer, ruhig. Ebenso wie George Bush die Taliban heute als brutale, kaltblütige Killer verurteilt, aber Staatsterrorismus nicht benennt, oder anderweitig überlegt, was es bedeutet, systematisch gegen eine weitgehend zivile Bevölkerung in Afghanistan und Irak vorzugehen, mit air force Bombern, Artillerie abwerfenden Drohnen, die von einem Militärflugplatz im Westen der Vereinigten Staaten bedient werden, oder Bomben-tragenden Schlachtfeldrobotern (ganz zu schweigen von Landminen, Clusterbomben, weissem Phosphor und abgereichertem Uran), ist uns klar, dass das Grundprinzip sicher lautet: "Wenn wir es tun, dann ist es richtig." Wenn wir die internationalen Staatsverträge und unsere eigenen Gesetzeskörper verletzen indem wir Leute foltern, dann ist das sicherlich so in Ordnung, denn WIR HABEN IMMER RECHT. Können wir daran zweifeln, dass viele Deutsche unter der Nazi Herrschaft genauso dachten?

III

Damals, im Jahr 1982, sah ich viel Ironie in der Art und Weise wie der pro-Folter Artikel in jener Ausgabe der Newsweek eingebettet war, neben einer Diskussion um einen Neuen Realismus in der Malerei, wie auch einer Anzahl von haßerfüllten Briefen über "Opfertum", die neue rechte Bezeichnung für die Proteste jener seit langem benachteiligten Gruppen, die gegen Wahlentmündigung protestierten, die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft und soziale und ökonomische Benachteiligung aller möglichen Art: Frauen, Schwarze, Schwule, Latinos, Asiaten, Native Americans - all diese "Jammerer" und "Winsler", unzufrieden mit ihrem Geschick, neben Kriminellen, die nicht zum Tode verurteilt werden wollten, und die Verstärker von all dem Schrott, der Amerika schwach und unregierbar... und ökonomisch unproduktiv gemacht hat.

Ronald Reagans Wahl im Jahr 1980 hatte einen Neuen Realismus erschaffen, der die "Love" Handschrift der 60er durch die hart-herzige “go ahead, make my day” Attitüde ersetzen würde, manifestiert mit eklig theatralischem Stolz und einem eisernen Blitzen im Auge. Chauvinistischer Patriotismus ersetzte Carter's Fokus auf die internationalen Menschenrechte. Abgesehen von einem bewussten Hang zu Rassismus und christilichem Vorherrschaftsdenken, das in der neuen Stimmung liegt, kalkuliert, die Post-Vietnam Malaise in ein "USA! USA!" Moment zu wenden. Indem er bürgerliche Religion - ein beständiger Favorit der amerikanischen Rechten - mit fundamentalistischem Christentum verschmolz, erzählte Reagan einer Zusammenkunft von Evangelisten, dass die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten von Amerika zwischen zwei Ozeanen angesiedelt sind, meint, Gott habe uns vorgesehen, den Kontinent zu leiten (vergleiche Bush, Jr.'s, offenkundige Entdeckung, 25 Jahre später, dass Flugzeuge den Ozean überqueren und uns verletzen konnten). In Einklang mit dieser neuen Stimmung von aggressivem messianischem Triumphalismus, begann die Werbung, übergroßes Begehren herauszustellen - für Luxusgüter, Finanzdienstleistungen (denn Geldgier ist gut), und sexy und oft devote Frauen - nur einige der Werbeanzeigen in eben jener Ausgabe der Newsweek.

IV

Meine Antwort auf das Newseek Feature war ein Video, das den Pro-Folter Artikel mit globalen- und nationalen Trends verbinden sollte - geopolitische Fakten "vor Ort" und der mutmaßliche Neo-Imperialismus durch Informationstechnologie trainiert, vom Daten Management zu kulturellen Produkten wie Filme, Musik und Werbung. Ich sah den Pro-Folter Artikel in einem Strom von Anzeigen, Anschreiben, Artikeln und Bildern eingebettet, dafür bestimmt, die US Weltsicht zu naturalisieren und gleichzeitig Angst einzuträufeln durch Warnungen vor der Bankenkrise und einer verallgemeinerten Xenophobie, vor der uns der Nationale Sicherheitsstaat großmütig abschirmen würde. Dieses Bombardement von Terror und Unterhaltung würde die Bürger von der Gesellschaft des Spektakels ablenken und sie dazu verleiten, in den Kokon ihrer privaten Beschäftigungen abzutauchen. Meine Arbeit, "Ein einfacher Fall von Folter, oder wie man nachts schlafen kann", war kein diskursiver Dokumentarfilm und verwendete keine Folterbilder, die würden, wie ich dachte, nur die Befriedung der Betrachter bestärken, was wiederum als Markenzeichen der Konsumkultur gilt. Stattdessen wurde "Folter" durch das Bombardement der Zuschauer mit gewöhnlichen Formen von korporativer Informationsübermittlung und Voice-Over als Inhaltsvermittlung hervorgerufen. Die Arbeit evoziert Hannah Arendts Begriff von Totalitarismus: Im letzten und vollkommen totalitären Stadium... bleibt der Begriff eines objektiven Feindes und das logisch mögliche Verbrechen leer, die Opfer werden vollkommen zufällig gewählt... . Der Unschuldige und Schuldige sind im gleichen Maße unerwünscht. Die Veränderung des Begriffs vom Verbrechen und der Verbrecher bestimmt die neuen und furchtbaren Methoden der totalitären Geheimpolizei... Unerwünschte verschwinden von der Erdoberfläche; die einzige Spur die sie zurücklassen, ist die Erinnerung jener, die sie gekannt und geliebt haben, und eine der schwierigsten Herausforderungen der Geheimpolizei ist es, dafür zu sorgen, dass selbst diese Spuren verschwinden...

Die Voice-Over Stimme fährt fort:

Verschwinden war in den 40ern bei den Nazis in den besetzten Gebieten gängig, der Nacht-und-Nebel-Erlass ermöglichte es, Leute verschwinden zu lassen, die "Deutschlands Sicherheit gefährden" mittels einer, wie Feld Marschall Keitel es beschrieben hat, "effektiven Einschüchterung". Wie viele Kritiker einwandten, sind die Gewinne von Folter oft unzuverlässig, um das Argument von seiner ethischen in eine utilitaristische Ebene zu wenden; aber das ist irrelevant hinsichtlich seiner primären Funktion, die exakt dazu da ist, beide einzuschüchtern, das besetzte Volk und die gebannte Zuschauerschaft zuhause und jenseits davon. Es sind ganz normale Leute, die das Schreiben lesen, das Professor Levin's Artikel untersucht. Ein Abschnitt verwendet die Zeit darauf, nach dem wahrscheinlichen Beschäftigungsstatus des Folterers zu fragen, ob im zivilen Dienst oder als Angestellter des Militär; in Realität sind Folterer, genauso wie die Henker, selbstverständlich von dem öffentlichen Blick abgeschirmt. U.S. General Antonio Taguba behauptet in seinem Report von 2004, über die Misshandlungen im Gefängnis von Abu Ghraib, dass der Befehlshaber Steven Stephanowicz seine Militär Polizei ermuntert habe, Insassen zu terrorisieren und "sehr genau wusste, dass seinen Instruktionen gleich bedeutend waren mit physischer Misshandlung". Eine handvoll niedrig gestellter Soldaten wurden bestraft. Aber Folterer sind zunehmend Vetragsarbeiter, wie die Verhörspezialisten, die bei der geheimen, 1.6 Billionen Dollar Firma CACI, beschäftig sind, die in Verbindung mit den Abu Ghraib Misshandlungen auftauchte. Söldner verschiedenster Länder und Unternehmen mit Namen wie KBR, Halliburton, Triple Canopy, Blackwater, Dyncorp oder Custer Battles machen bis zur Hälfte der US Truppen aller möglichen Art in Afghanistan und Irak aus, und womöglich anderswo auch. Sie sind vom Recht ausgenommen. "Es ist kompletter Irrsinn", sagte Robert Baer, ehemaliger CIA Agent, 2004: "Das sind völlige Amateure und es gibt für diese Jungs kein bindendes Recht, soweit ich das sagen kann..." Die Republikaner streben an, Polizei und Strafvollzug im eigenen Land ebenfalls zu privatisieren und "auszulagern".

V

In meinem Tape singt ein Tenor a capella über das Leiden der Ökonomie, die Dschungel-Metaphorik, den neuen Investitionswert von Kunst, und den Geschmack für autoritären Führungsstil in Zeiten der Unsicherheit.

When the economy shrinks, the whole world shrinks.
Darkness and chaos press in all around …

Later:

Look out for your money, your kids and your wife
If you don’t want to worry the rest of your life.
Money money money money money.
Green is gold, gold is green
No rate of profit is really obscene
As long as I can get it.
Gold is the color of all the best things
Gold is the color of oil and big paintings. ....

Wenn die Ökonomie schrumpft, schrumpft die ganze Welt.
Dunkelheit und Chaos machen sich überall breit...

Später:

Achte auf dein Geld, deine Kinder und deine Frau
Wenn du dich nicht den rest deines Lebens sorgen willst.
Geld Geld Geld Geld Geld.
Grün ist gold, gold ist grün
Keine Profitrate ist wirklich obszön
So lang du sie erreichen kannst.
Gold ist die Farbe aller besten Dine
Gold ist die Farbe von Öl und großen Gemälden. ...

VI

Der letzte Teil des Videos greift die Diskussion von Michel Foucault aus "Überwachen und Strafen" auf, über die vieldeutige Rolle von Folter und Strangulieren an öffentlichen Plätzen. Dann reckt sich eine Hand ins Bild und platziert eine winzige Krone auf dem Foto von Michael Levin, dem Autor der Folter Kolumne, während Charakteristika des "starken Mannes" auf dem Screen unter ihnen auftaucht:

FALKE
MÄNNLICH
BESSESSEN VON GEHEIMWISSEN
MEISTERHAFT
BEHERRSCHER
HART
KOMPROMISSLOS
DURCHBLICK HABEN

... Die letzten Worte, ein Zitat von Theodor Adorno (aus seinem Buch Minima Moralia), werden offensichtlich von einem TV Reporter gesprochen, der irgendwo auf der Straße steht.

Sie lauten auszugsweise:

"Psychologie weiß, daß, wer das Unheil sich ausmalt, es irgend auch will. ... Und die Verfolgungsphantasie steckt an. ... Die Erfüllung der Verfolgungsphantasie rührt her von ihrer Affinität zum blutigen Wesen. ... Noch die schlimmste und unsinnigste Vorstellung von Ereignissen, die wildeste Projektion enthält die bewußtlose Anstrengung des Bewußtseins, das tödliche Gesetz zu erkennen, kraft dessen die Gesellschafz ihr Leben perpetuiert."

Die Arbeit schließt mit einer Reihe von Vorschlägen, die Autoritarismus attraktiv erscheinen lassen mögen, selbst für eine demokratisch gestimmte Wählerschaft.

BEFEHELE SIND WICHTIGER ALS DAS GESETZ.
DAS GESETZ IST WICHTIGER ALS GERECHTIGKEIT
SICHERHEIT IST WICHTIGER ALS FREIHEIT.
GELD IST WICHTIGER ALS MITLEID.
MEIN GENUSS ERFORDERT DEINEN SCHMERZ.
UND TOD IST WICHTIGER ALS VERÄNDERUNG.

VI

Was ist mit der gegenwärtigen Situation? Die garantiert nicht-offizielle Umarmung mit Folter als einem Instrument, um an Informationen von Übeltätern zu gelangen und jeden anderen zu terrorisieren, die Aufhebung der Habeas Corpus Akte, die Anmaßung des Präsidenten auf monarchische Privilegien, und der Anmarsch einer eingesperrten Überwachungsgesellschaft gehen einher mit dem Prozess einer zunehmenden Trennung von Reich und Arm, ein Prozess, der schon vor langer Zeit von Noam Chomsky und anderen die "Lateinamerikanisierung der Vereinigten Staaten" genannt wurde. Dieser Prozess von anmaßendem Reichtum hat immer den Gebrauch von physischem Missbrauch miteingeschlossen, Folter, Verschwindenlassen und ausser-juridischem Töten als Teil des Arsenals von Nötigungen zugunsten der ökonomischen und politischen Eliten. Die Aufgabe fällt, wie immer, den einfachen Leuten zu, gegen diese Missbräuche Druck auszuüben und daran zu arbeiten eine menschenwürdige Gesellschaft zu erschaffen, geprägt von Gerechtigkeit und universellen Rechten.

Martha Rosler

Aus dem Amerikanischen von Annett Busch