Von A bis Z: Das Unmögliche Alphabet des Krieges

Krieg ist im weitesten Sinne ein Kampf um Deutungsmacht und Bedeutung, der nicht im Zentrum, sondern an den Rändern der Wörter ausgetragen wird. Was aber können Wörter noch ausrichten, wenn der Krieg längst zum weltweiten Normalzustand geworden ist?

Die vierte und vorerst letzte Ausgabe des WÖRTERBUCH DES KRIEGES wird am 23. und 24. Februar 2007 in Berlin in den Sophiensaelen stattfinden. Frei nach diesem Motto "Begriffe erschaffen heißt zumindest, etwas tun" ist das WÖRTERBUCH DES KRIEGES eine kollaborative Plattform zur Herstellung von Begriffen. Bereits 75 Begriffe zum Thema Krieg wurden in bislang drei öffentlichen, jeweils zweitägigen Veranstaltungen in Frankfurt, München, und Graz von Wissenschaftlern, Künstlern, Aktivisten, Theoretikern gebildet, vor Publikum vorgestellt und veröffentlicht.

An der Berliner Ausgabe des WÖRTERBUCH DES KRIEGES nehmen teil:

Der Londoner Künstler und Magier Jonathan Allen; der Dirigent Christian von Borries aus Berlin; der Berliner Science-Fiction-Autor Heinrich Dubel; der Historiker Stefan Doernberg, der 1945 als Dolmetscher der Roten Armee an den Kapitulationsverhandlungen mit der deutschen Wehrmacht beteiligt war; Theaterautor Felix Ensslin; Museumsdirektor und Kurator Charles Esche aus Eindhoven; der Londoner Musiktheoretiker Kodwo Eshun; Schriftsteller Stefan Heidenreich; der Choreograph und Regisseur Emil Hrvatin aus Ljubljana; der ehemalige Leiter des Museums Karlshorst, Peter Jahn; die serbische Künstlergruppe kuda.org; die Historikerin und Kuratorin Andrea Moll aus Berlin; die Kölner Kuratorin Vanessa Joan Müller; die Musiker Quio & Darius James; der us-amerikanische Philosoph Sylvere Lotringer; der Theoretiker Brian Massumi aus Montreal; der südafrikanische Filmregisseur Khalo Matabane; Avi Mograbi, Filmemacher aus Israel; die Frankfurter Grafiker Martin Neumeier & Nathalie Landenberger; der Künstler Michalis Pichler; die Theatermacher vom Rimini Protokoll; die Soziologin Saskia Sassen aus Chicago; der Münchner Fotograf Armin Smailovic; Künstler Simon Starling aus Glasgow; der Berliner Autor Marcus Steinweg; der Architekt Stephan Trüby aus Stuttgart; der israelische Fotograf Meir Wigoder und die Theoretikerin Irit Rogoff aus London; Soenke Zehle, Wissenschaftler aus Saarbrücken.

Mit dem WÖRTERBUCH DES KRIEGES sollen Schlüsselbegriffe gebildet werden, die in den aktuellen Auseinandersetzungen um Krieg entweder eine bedeutende Rolle spielen, bislang vernachlässigt wurden oder erst erschaffen werden müssen. Ziel ist es, die Neubildung oder Umdeutung von Begriffen transparent zu machen als mehr oder weniger offene Prozesse, in die durchaus zu intervenieren ist; gleichzeitig sollen Modelle entwickelt werden, die die Bildung von Begriffen auf der Grundlage nicht interdisziplinärer, sondern undisziplinierter, nicht unbedingt kooperativer, sondern kollaborativer Prozesse neu bestimmen.

Das Projekt WÖRTERBUCH DES KRIEGES startete im Juni 2006 in der Staedelschule in Frankfurt und zeichnete sich von Beginn an durch eine enorme Bandbreite von äußerst vielschichtigen Zugängen aus. Die Münchener Ausgabe Ende Juli vergangenen Jahres war überschattet vom Krieg im Nahen Osten, das Gesamtprojekt gewann durch viele fokussierte Beiträge an Substanz. In Graz, im Rahmen des Festivals "Steirischer Herbst", fand eine weitere beeindruckende Differenzierung der Begriffe und Vervielfältigung der Formate statt.

Die kompletten, live von vier Kameras und Zuspielern gemischten Video-Mitschnitte der bisherigen Ausgaben des WÖRTERBUCH DES KRIEGES stehen auf der Website des Projektes zum kostenlosen Download zur Verfügung. http://woerterbuchdeskrieges.de/de-dict/v2v

Auch die 25 Begriffe der Berliner Ausgabe werden leicht zeitversetzt im Netz unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlicht und legen zusammen mit den bereits publizierten Beiträgen die Grundlage für ein sicherlich einzigartiges, thematisch ausgerichtetes und über 50 Stunden Material umfassendes Multimedia-Archiv. Schon jetzt werden die Video-Dokumente aus dem WÖRTERBUCH DES KRIEGES von Tausenden von Usern weltweit zu Recherchezwecken genutzt, in neuen Kontexten remixt und weiterverarbeitet oder als Unterrichtsmaterial eingesetzt. Im kommenden Herbst wird zudem im Merve Verlag tatsächlich ein Buch erscheinen, das als virtuelle, fünfte Ausgabe konzipiert ist.

Die Berliner Ausgabe des WÖRTERBUCH DES KRIEGES beginnt am Freitag, den 23. Februar um 17:00 Uhr in den Sophiensaelen, Sophienstrasse 18 in Berlin-Mitte, und wird am Samstag, den 24. Februar ab 14:00 Uhr fortgesetzt. Am 25. Februar wird das Projekt mit einem Postscriptum am historischen Ort der bedingungslosen Kapitalutation des faschistischen Deutschland, dem heutigen "Deutsch-russischen Museum" in Karlshorst, abgeschlossen. Und um 20:00 Uhr abends zeigt Pirate Cinema Chris Markers Film "Scenes from the Third World War 1967-1977".

Die Begriffe werden von ihren jeweiligen Begriffspersonen in alphabetischer Reihenfolge in jeweils halbstündigen Präsentationen oder Performances vorgestellt.

Eintrittskarten kosten 10 Euro, ermässigt 5 Euro, pro Tag.

Weitere Informationen unter:

http://woerterbuchdeskrieges.de oder info@woerterbuchdeskrieges.de

WÖRTERBUCH DES KRIEGES ist eine Veranstaltung von Multitude e.V. und Unfriendly Takeover, in Zusammenarbeit mit Sophiensaele. WÖRTERBUCH DES KRIEGES wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.